Sicherheitstechnische Prüfung

laut ÖVE EN 62353 – Medizinproduktebetreiberverordnung

Sicherheitstechnische Prüfungen laut ÖVE EN 62353 – Medizinproduktebetreiberverordnung

Wiederkehrende Prüfung von Medizinprodukten

1. Prüfpflichtige Geräte

Nach dem österreichischen Medizinproduktegesetz (MPG-1996, BGBl.-Nr. 657/1996) sowie der Medizinprodukte-Betreiber-Verordnung (MPBV-2007, BGBl.-Nr. 70/2007) sind aktive, nicht implantierbare Medizinprodukte oder medizinische Systeme in Einrichtungen des Gesundheitswesens einer wiederkehrenden sicherheits- und funktionstechnischen Prüfung zu unterziehen bzw. unterziehen zu lassen. Zuständig dafür ist der Betreiber der Einrichtung des Gesundheitswesens.

Als aktiv wird ein Medizinprodukt bezeichnet, wenn es mit Energie (Strom, Druckluft etc.) betrieben wird.

Einrichtungen des Gesundheitswesens sind Einrichtungen, Stellen oder Institutionen, in denen Medizinprodukte von Angehörigen der Heilberufe oder gewerblich befugten Personen an Patienten betrieben oder angewendet werden.

Unter den Begriff “Medizinprodukte” fallen sowohl die Medizinprodukte im engeren Sinne gemäß EU-Richtlinie 93/42/EWG als auch die Laborgeräte, die gemäß EU-Richtlinie 98/79/EG ebenfalls als Medizinprodukte gelten.

Eine wiederkehrende Prüfung ist auch für nicht-aktive Medizinprodukte gesetzlich obligat, wenn es der Hersteller verlangt.

Unkritische, batteriebetriebene Medizinprodukte wie z.B. Laryngoskope sind davon ausgenommen, so dies nicht der Hersteller explizit verlangt.

Unkritische Medizinprodukte sind Medizinprodukte, die nicht unter MPBV, Anhang 1 (siehe Anhang) fallen.

Der Hersteller kann die Notwendigkeit einer wiederkehrenden Prüfung auch dezidiert ausschließen. In diesem Fall ist dann zumindest eine Sichtprüfung durchzuführen.

Die wiederkehrende Prüfung wird oft auch abgekürzt als „STK“ bezeichnet. Diese Bezeichnung kommt aus dem benachbarten Deutschland, in deren Betreiberverordnung die wiederkehrende Prüfung als “Sicherheitstechnische Kontrolle (STK)” genannt wird.

Medizinprodukte in Einrichtungen des Bundesheeres (Sanitätsabteilungen, Militär- oder Heeresspitäler, Stellungskommissionen etc.) sind für die Dauer eines Einsatzes sowie bei der unmittelbaren Vorbereitung eines derartigen Einsatzes von der Verpflichtung, wiederkehrende Prüfungen durchzuführen, ausgenommen.

2. Prüfintervall

Sieht der Hersteller in den Begleitpapieren eine wiederkehrende Prüfung vor, so ist diese im angegebenen Intervall durchzuführen.

Liegt für das Prüfintervall keine Herstellerangabe vor, so ist dieses von dem nach dem KAKuG Kranken- und Kuranstaltengesetz (KAKuG-BGBl.-Nr. 1/1957 i.d.g.F.) bestellten technische Sicherheitsbeauftragte TSB unter Berück-sichtigung von Geräteart und Gefährdungspotential wie folgt festzulegen:

a) für kritische Medizinprodukte nach MPBV, Anhang 1 zwischen 6 und 24 Monate
b) für die übrigen Medizinprodukte zwischen 12 und 36 Monate

Wiederkehrende Prüfung von Medizinprodukten 3

Für die Bestimmung des Gefährdungspotentials des Gerätes sind zu berücksichtigen:

  • der Gefährdungsgrad
  • die Einsatzhäufigkeit
  • die Unersetzbarkeit
  • der Betriebsort (Ordination oder Spital)
  • die Eigentumsverhältnisse
  • der Einsatzort (stationär, mobil, Notfall)
  • die Fehlerhäufigkeit

Der TSB kann in begründeten Einzelfällen ein kürzeres Intervall vorschreiben. Er darf jedoch das vom Hersteller vorgegebene Prüfintervall nicht vergrößern. Eventuell vorgenommene Änderungen des TSB sind jedenfalls zu dokumentieren.

Es ist durchaus sinnvoll, Prüfintervalle nur als volle Jahresintervalle festzulegen. Unter anderem erleichtert dies die Organisation und Budgetierung der für die Prüfung erforderlichen finanziellen Mittel.

In Österreich haben sich folgende Prüfintervalle etabliert:

  • 12 Monate für kritische Medizingeräte nach MPBV Anhang 1
  • 24 Monate für die restlichen Medizingeräte
  • 36 Monate für Laborgeräte

3. Prüfumfang

Sieht der Hersteller eine wiederkehrende Prüfung vor, so ist diese nach dem in den Begleitpapieren vorgesehenen Umfang durchzuführen.

Wenn der Hersteller keine Angaben über den Prüfumfang macht, ist die wiederkehrende sicherheitstechnische Prüfung nach dem Stand der Technik durchzuführen. Die Prüfung muss auch eine Kontrolle der sicherheitsrelevanten Funktionen beinhalten.

Der TSB kann in begründeten Fällen den vom Hersteller vorgegebenen Prüfumfang erweitern, darf jedoch den Prüfumfang nicht verringern. Eventuell vorgenommene Änderungen des TSB sind zu dokumentieren.

Hinter dieser Anforderung steckt ein großer Aufwand für Prüfer/Prüfstellen; sie müssen laufend für die zu prüfenden Geräte die in den Begleitpapieren enthaltenen Herstellerangaben sammeln und daraus Prüfchecklisten erstellen, um die Prüfungen ordnungsgemäß durchführen zu können.

Viele Hersteller vermischen in den Begleitpapieren die Angaben für die wiederkehrende Prüfung mit Wartungsangaben. Andere wieder beschreiben die Prüfungen unstrukturiert in Prosa, aus der erst eine brauchbare Checkliste erstellt werden muss. Und wieder andere Hersteller machen erst gar keine Angaben zu ihren Geräten, sodass nach dem Stand der Technik vorgegangen werden muss.

4 Wiederkehrende Prüfung von Medizinprodukten

Bei der enormen Vielfalt an Arten und Typen medizinischer Geräte ergibt sich daraus ein enormer Aufwand für Erstellung und Wartung dieser Herstellerangaben, der für singuläre Prüfer oft gar nicht zu bewältigen ist.

Es liegt im Verantwortungsbereich des Auftraggebers, die Prüfungen an kompetente und kapazitiv entsprechend ausgestattete Stellen zu vergeben, andernfalls ihn ein Auswahlverschulden treffen kann.

Eine vollständige Prüfung enthält vier Prüfgruppen:

  1. Sichtprüfungen (Zustand, Aufschriften, Beschädigungen, Sicherungen etc.)
  2. Mechanische Prüfungen (Gehäuse, Abdeckungen, Befestigung etc.)
  3. Elektrische Sicherheitsprüfungen (nach Europanorm EN 62 353)
  4. Prüfung auf einwandfreie Funktion (nach Herstellerangaben oder Stand der Technik)

Die Sichtprüfung besteht aus ca. 5-10, die mechanische Prüfung je nach Geräteart ebenfalls aus ca. 5-10 Einzelprüfschritten.

Die elektrische Sicherheit wird fast ausschließlich nach der Europanorm EN 62 353 geprüft.

Die Funktionsprüfungen stellen immer den aufwendigsten, zugleich aber auch den wichtigsten Teil der Prüfungen dar.

Achtung: Eine bloße Prüfung des Gerätes nach der Europanorm EN 62 353 beinhaltet nur eine Prüfung der elektrischen Sicherheit!!!

5. Bewertung

Nach Durchführung der Prüfungen im angegebenen Prüfumfang sind die Prüfergebnisse zu bewerten. Die Bewertung soll im Wesentlichen eine einfache, die Prüfung zusammenfassende Entscheidung darstellen und zwei wesentliche Fragen beantworten:

Ist das geprüfte Gerät sicherheits- und funktionstechnisch in Ordnung?
Darf das Gerät am Patienten weiter angewendet werden oder nicht?

In Österreich hat sich eine vierstufige Bewertungsskala etabliert:

  • a. Es wurden keine Mängel festgestellt
    Das Gerät erhält einen Prüfaufkleber und darf weiter verwendet werden.
  • b. Es wurden leichte Mängel festgestellt
    Das Gerät erhält einen Prüfaufkleber und darf weiter verwendet werden.
    Die festgestellten Mängel sollten kurzfristig behoben werden.
  • c. Es wurden schwere Mängel festgestellt
    Das Gerät erhält keinen Prüfaufkleber und darf erst nach der Behebung der Mängel wieder verwendet werden.
  • d. Das Gerät entspricht nicht mehr dem Stand der Technik,
    es wird zur Umrüstung bzw. Ausscheidung empfohlen. Das Gerät erhält keinen Prüfaufkleber, ist auszuscheiden oder darf erst nach einer
    Umrüstung wieder verwendet werden.

6. Dokumentation

Über die wiederkehrende sicherheitstechnische Prüfung ist ein Prüfprotokoll anzufertigen, das folgende Angaben enthalten muss:

  1. Identifikation des Prüfers (Name, Vorname, Firma)
  2. Datum der Durchführung
  3. Art und Umfang der Prüfung (Sichtprüfungen, mechanische Prüfungen, elektrische Prüfungen Funktionsprüfungen)
  4. Prüfergebnisse (Messwerte, Messverfahren, Messmittel)
  5. Gesamtbeurteilung

Der Betreiber hat die Prüfprotokolle mindestens fünf Jahre nach der Prüfung aufzubewahren.

Die Prüfung ist in die nach dem MPG und der MPBV zu führende Gerätedatei einzutragen.

Die Gerätedatei kann als Papierdatei oder besser als EDV-Datei (z.B. “visual FM der Fa. Loy & Hutz) geführt werden.

Art und Umfang der Prüfungen sowie die Prüfergebnisse sind detailliert anzugeben, sodass die Nachvollziehbarkeit gegeben ist. So muss das Prüfprotokoll alle durchgeführten Sichtprüfungen, mechanischen Prüfungen, elektrischen Prüfungen und Funktionsprüfungen mit den Messverfahren und den ermittelten Messwerten enthalten. Innerhalb dieser Gruppen sind die einzelnen Prüfschritte mit deren Ergebnissen anzuführen.

Die bloße Angabe von z.B. „Sichtprüfung: ok“ oder „Funktionsprüfung: ok“ mag vielleicht für eine einfache IR-Bestrahlungsleuchte mit einem Ein-/Aus-Schalter genügen, ist aber für das Gros der medizinischen Geräte unzureichend!

7. Kennzeichnung

Die geprüften Medizinprodukte sind bei erfolgreicher Prüfung mit dem Datum der nächsten Prüfung (Monat, Jahr) zu kennzeichnen.

Die Kennzeichnung kann in Form eines Prüfaufklebers analog der KFZ-Überprüfung erfolgen.

Form und Design der Prüfaufkleber sind jedoch nicht festgelegt und können frei gewählt werden.

Prüfaufkleber sollten qualitativ hochwertig sein, sich nicht ablösen bzw. auch nicht wiederverwendbar sein.

8. Einhaltung des nächsten Prüftermines

Die geprüften Geräte sind mit einer Prüfplakette versehen, auf der das Datum der nächsten Prüfung aufscheint. Vor Ablauf dieses Datums ist die nächste Prüfung durchzuführen.

Wird das Datum überschritten, darf das Gerät nicht mehr angewendet werden.

Hat der Hersteller das Prüfintervall vorgegeben, so ist es strikt einzuhalten und darf nicht überschritten werden.

Wurde das Prüfintervall vom TSB vorgegeben, ist eine Überschreitung um maximal 6 Monaten zulässig.

Speziell die Nulltoleranz des vom Hersteller vorgegebenen Intervalls führt oft zu großen Problemen in Spitälern, da dessen Einhaltung zufolge der pro Jahr unterschiedlichen Anzahl an zu prüfenden Geräten (durch die unterschiedlichen Geräte-Intervalle) mit einer fixen Anzahl an Prüftechnikern nahezu unrealisierbar ist. Eine diesbezügliche Änderung der MPBV ist in nächster Zeit nicht zu erwarten.

9. Berechtigte Prüfer/Prüfstellen

An Prüfer und Prüfstellen werden folgende Anforderungen hinsichtlich deren Eignung für die Durchführung der wiederkehrenden Prüfungen gestellt:

  1. 1. Ausbildung und Sachkenntnisse
    1. Abschluss einer einschlägigen technischen Fachausbildung
    2. Kenntnis der Funktionsweise und des besonderen Gefährdungspotentials der zu prüfenden Geräte
    3. Laufende Fort- und Weiterbildung
    4. Kenntnis der für die Prüftätigkeit relevanten Gesetze, Verordnungen und Normen (MPG, ETG, MPBV, ETV, EN 60601-1, EN 62353, E8007 etc.)
    5. Ausreichende Prüfpraxis im Bereich Medizintechnik
  2. 2.Erforderliche Mess- und Prüfmittel für die Durchführung der Prüfungen
  3. 3.Zuverlässigkeit
  4. 4.Organisatorische Voraussetzungen für Planung, Durchführung und Auswertung der Prüfungen (Herstellerchecklisten, Prüfaufkleber etc.)

Von der einschlägigen technischen Fachausbildung (Lehre, Fachschule, HTL, Fachhochschule etc.) muss ein Abschlusszeugnis vorliegen. Tagesseminare ersetzen keine mehrjährige Fachausbildung.

Die Kenntnis der Funktionsweise und des besonderen Gefährdungspotentials der zu prüfenden Geräte kann hingegen bei Bedarf z.B. durch Seminar- oder Kursbestätigungen oder Arbeitszeugnisse nachgewiesen werden.

Die erforderlichen Messmittel für die zu prüfenden Geräte müssen vorhanden sein. Ein elektrischer Sicherheitstester reicht meist für die Prüfung der elektrischen Sicherheit.

Der größte Teil der Mess- und Prüfmittel ist jedoch für die Funktionsprüfungen erforderlich.

Das Fehlen der erforderlichen Messmittel ist nicht tolerierbar. Zum Beispiel darf ohne HFLeistungsmessgerät in der Regel kein HF-Chirurgiegerät, ohne Defi-Tester kein Defibrillator geprüft werden.

Sämtliche Mess- und Prüfmittel müssen regelmäßig gewartet und kalibriert werden.

Die wichtigste organisatorische Voraussetzung stellt das Vorhandensein der aktuellen und vollständigen Checklisten für die Durchführung aller Geräteprüfungen dar. Die Checklisten müssen auf den Angaben der Hersteller basieren. Wenn der Hersteller keine Angaben gemacht hat, so müssen sie sich am Stand der Technik orientieren.

Was bietet das Internet? 7

MPBV – Anhang 1:

Medizinprodukte, für die besondere Sicherheitsvorkehrungen zu treffen sind (kritische Medizinprodukte):

  • 1. aktive nicht implantierbare Medizinprodukte/Systeme zur/zum
    • a. Erzeugung und Anwendung elektrischer Energie zur unmittelbaren Beeinflussung der Funktion von Nerven und/oder Muskeln einschließlich Defibrillatoren,
    • b. Anwendung am zentralen Herz-/Kreislaufsystem,
    • c. Erzeugung und Anwendung jeglicher Energie zur unmittelbaren Koagulation, Gewebezerstörung oder Abtragung, Zertrümmerung von Ablagerungen in Organen oder im Blutkreislauf,
    • d. unmittelbaren Einbringung von Substanzen und Flüssigkeiten (auch aufbereitete oder speziell behandelte körpereigene, deren Einbringen mit einer Entnahmefunktion direkt gekoppelt ist) in den Blutkreislauf unter potentiellem Druckaufbau,
    • e. maschinellen Beatmung mit oder ohne Anästhesie,
    • f. Diagnose mit bildgebenden Verfahren nach dem Prinzip der Magnetresonanz mit supraleitenden Spulen,
    • g. Therapie mittels Hypothermie,
    • h. Monitoring von Vitalparametern (Pulsmessgeräte jedoch nur dann, wenn sie tatsächlich für Zwecke der Überwachung verwendet werden).
  • 2.Säuglingsinkubatoren
  • 3.Externe aktive Komponenten aktiver Implantate
  • 4.Druckkammern

Hinweis:

Die maskulin angeführten Personen- bzw. Berufsgruppen gelten analog und gleichwertig für
das weibliche Geschlecht.

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